Rat der Europäischen Union ermutigt Mitgliedsstaaten zur liberaleren Drogenpolitik

Mit dem Einreichen des Eckpunktepapiers zur Legalisierung forderte man eine Überprüfung durch die EU-Kommission auf Rechtmäßigkeit. Die Antwort aus Brüssel kam bereits am 9.Dezember 2022. In einem 9 Seiten langen Dokument äusserte sich die Kommision zur Drogenpolitik.

In dem Papier stellt man zuerst die Gegebenheiten fest und festigt die Grundsätze einer humanen Politik, bei der Jugendschutz im Form von Prävention im Vordergrund steht. Natürlich sind auch die Volksgesundheit und Kampf gegen den illegalen Drogenhandel nur einige der genannten Punkte. Auf den letzten beiden Seiten des Schreibens gibt die EU-Kommission dann Empfehlungen an die Mitgliedsstaaten. Zitat aus dem Schreiben:

Der Rat der Europäischen Union:

  1. ERSUCHT die EU-Mitgliedstaaten, die Entwicklung und Umsetzung evidenzbasierter Strategien und Maßnahmen, mit denen die Menschenrechte in den Mittelpunkt der Drogenbekämpfung gestellt werden, weiter zu unterstützen und gleichzeitig die Kriminalität zu bekämpfen und die öffentliche Sicherheit, nachhaltige und tragfähige Existenzgrundlagen sowie die Gesundheit von Einzelpersonen, Familien und Gemeinschaften in der gesamten EU sicherzustellen;

  2. ERSUCHT die EU-Mitgliedstaaten, eine Drogenpolitik weiter zu fördern, in der die Menschenrechte geachtet werden, Diskriminierung bekämpft und die Stigmatisierung von Drogenkonsumierenden verringert wird, um den freiwilligen Zugang zu Dienstleistungen sicherzustellen, darunter Prävention, evidenzbasierte Programme zum Erwerb von Lebenskompetenzen, Risiko- und Schadensminimierung, Früherkennung und -intervention, Beratung, Behandlung, Rehabilitation, soziale Wiedereingliederung und Genesung von Drogenkonsumierenden, sowie Behandlung drogenbedingter Komorbiditäten;

  3. ERMUTIGT die EU-Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer Drogenpolitik geschlechts- und altersgerechte Maßnahmen weiter zu fördern sowie Maßnahmen, die den besonderen Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen, Frauen und schutzbedürftigen und marginalisierten Personen Rechnung tragen;

  4. ERMUTIGT die EU-Mitgliedstaaten, dem Schutz der Rechte des Kindes, einschließlich des Schutzes von Kindern vor Drogenkonsum und der Prävention der Ausbeutung von Kindern bei der illegalen Drogenherstellung und dem illegalen Drogenhandel besondere Aufmerksamkeit zu widmen;

  5. ERMUTIGT die EU-Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass Menschen im Strafjustizsystem, darunter auch jene, die Alternativen zu Zwangssanktionen unterliegen, auf der Grundlage ihrer Bedürfnisse und ihrer Einwilligung nach Aufklärung freiwilligen Zugang zu nichtdiskriminierenden und geschlechts- und altersgerechten evidenzbasierten Drogenhilfsdiensten haben;

  6. ERSUCHT die EU-Mitgliedstaaten, gegebenenfalls die aktive und sinnvolle Beteiligung und Mitwirkung der Wissenschafts- und Expertengemeinschaft, der Zivilgesellschaft, einschließlich Nichtregierungsorganisationen, junger Menschen, Frauen und Drogenkonsumierender an der Drogenpolitik zu unterstützen;

  7. ERMUTIGT die EU-Mitgliedstaaten und – im Rahmen ihrer Zuständigkeiten – die einschlägigen Einrichtungen und Agenturen der EU, die internationale Zusammenarbeit zu stärken und den menschenrechtsbasierten, evidenzbasierten und ausgewogenen Ansatz durchgängig zu berücksichtigen, auch in Entwicklungsprogrammen zur Drogenpolitik, um die uneingeschränkte Einhaltung der internationalen Menschenrechtsnormen, einschließlich der Grundsätze der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung, zu fördern;

  8. ERMUTIGT die EU-Mitgliedstaaten und die einschlägigen Einrichtungen und Agenturen der EU, dafür zu sorgen, dass entwicklungsorientierte drogenpolitische Maßnahmen, darunter auch alternative Entwicklung, die Grundsätze der Bedingungslosigkeit, Nichtdiskriminierung und angemessenen Abstimmung achten, Geschlechtergerechtigkeit fördern und dass die Eigenverantwortung der Zielgemeinschaften gewährleistet wird;

  9. ERMUTIGT die EU-Mitgliedstaaten und – im Rahmen ihrer Zuständigkeiten – die zuständigen Einrichtungen und Agenturen der EU, sich entschieden gegen die Verhängung unverhältnismäßiger und unmenschlicher Strafen für Drogendelikte wie die Todesstrafe, außergerichtliche Hinrichtungen und willkürliche Inhaftierungen zu wenden;

  10. ERMUTIGT die EU-Mitgliedstaaten, gegebenenfalls und im Einklang mit ihren nationalen Rechtsvorschriften und im Rahmen der Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Drogenbekämpfung und des EU-Rechts, weiterhin evidenzbasierte bewährte Verfahren und innovative Ansätze zu prüfen, die die Stigmatisierung und Diskriminierung von Drogenkonsumierenden verringern;

  11. ERSUCHT die EU-Mitgliedstaaten und – im Rahmen ihrer Zuständigkeiten – die Kommission und die einschlägigen EU-Agenturen, Informationen über die Auswirkungen der Umsetzung drogenbezogener strafrechtlicher Maßnahmen und Alternativen zu Zwangssanktionen für Drogenkonsumierende, insbesondere marginalisierte und schutzbedürftige Personen, zu sammeln und auszutauschen;

  12. ERSUCHT die EU-Mitgliedstaaten und – im Rahmen ihrer Zuständigkeiten – die zuständigen Einrichtungen und Agenturen der EU, Informationen zu verbreiten und bewährte Verfahren bei der Umsetzung und Entwicklung des menschenrechtsbasierten Ansatzes bei drogenpolitischen Maßnahmen und Ansätzen zur Verringerung von Stigmatisierung und Diskriminierung auszutauschen, auch im Rahmen des auswärtigen Handelns der EU;

  13. ERSUCHT die EU-Mitgliedstaaten, die Kommission und die einschlägigen EU-Agenturen, bei der Bewertung der Drogenpolitik gegebenenfalls im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten und unter Beachtung der verfügbaren Daten Menschenrechtsfragen zu berücksichtigen;

Wie so oft wenn etwas aus Brüssel kommt, kann man je nach politischer Gesinnung daraus interpretieren was einem am Besten passt. So geschieht es auch in der deutschen Presselandschaft. Es gibt Berichte nachdem Brüssel der Bundesrgierung in Sachen Drogenpolitik eine Ohrfeige erteilte, doch die überwiegende Mehrheit sieht in der Empfehlung das “grüne Licht” für die deutsche Legalisierung von Cannabis. Nun ist also wieder Berlin gefragt.

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